Das Schnäppchenhaus per Zwangsversteigerung?
Deutschland ist im Schnäppchenhausfieber – und das nicht erst seit der entsprechenden Fernsehsendung! Es klingt aber auch fast zu schön, um wahr zu sein: die Traumimmobilie für einen fast schon lächerlichen fünfstelligen oder gar vierstelligen Betrag erwerben und mit nur wenig Eigeninitiative zum trauten Eigenheim machen. Doch wie realistisch ist diese Vorstellung?
Hauskauf bei knappem Budget
Wie kann es sein, dass Personen mit einem möglicherweise geringen oder durchschnittlichen Einkommen und ohne Ersparnisse überhaupt darüber nachdenken, ein Haus zu kaufen? Ganz einfach: die meisten Mietwohnungen sind so teuer, dass die Höhe der Warmmiete durchschnittlich durchaus eine Kreditrate beim Hauskauf abdecken würde.
Doch Vorsicht vor dieser Milchmädchenrechnung: bei einem Hauskauf bzw. bei einer eigenen Immobilie, ob Haus oder Eigentumswohnung, fallen deutlich mehr Kosten an, als die abzuzahlende Kreditrate: Hausbesitzern ist es dringend anzuraten, monatlich Kapital für unweigerlich anfallende Reparaturen, Instandsetzungen bzw. Instandhaltungen und möglicherweise erforderliche Modernisierungen beiseite zu legen. Des Weiteren fallen Kosten für Energie, Müllentsorgung und Steuer an, die in der Immobilienkreditrate, anders bei der Warmmiete für eine Mietwohnung, natürlich nicht enthalten sind.
Immobilie ersteigern
Die meisten Immobilien, die zur Zwangsversteigerung ausgeschrieben sind, finden sich im Internet, also auf den gängigen Immobilienseiten oder auf speziellen Portalen mit aktuellen Zwangsversteigerungsterminen, eine Veröffentlichung der Zwangsversteigerungstermine findet jedoch ebenso im jeweiligen Amtsblatt und durch einen Aushang im Gericht statt. Spätestens sechs Wochen vor der Versteigerung erfolgt die Bekanntgabe des Versteigerungstermins. Voraussetzung fürs Mitbieten: der Bieter muss volljährig sein und seinen gültigen Personalausweis mitbringen, die Staatsbürgerschaft des Bieters ist dabei unerheblich.
Achtung: zwingend erforderlich ist das Erbringen einer Sicherheitsleistung, sofern vom Gläubiger gefordert – wovon Bieter in aller Regel ausgehen müssen. Die Höhe der Sicherheitsleistung liegt bei genau 10% des festgesetzten Verkehrswertes, die Bezahlung muss vor der Ersteigerung erfolgen. Achtung: eine Barzahlung Vorort beim Amtsgericht ist nicht möglich, akzeptiert wird eine vorab Überweisung auf ein Konto des Gerichts, eine Bankbürgschaft oder ein bestätigter Bundesbank- bzw. Verrechnungsscheck.
Die Bieterstunde, die sich auf mindestens 30 Minuten belaufen muss, in der Regel aber deutlich länger andauert, beginnt, nachdem der Rechtspfleger alle relevanten zum ersteigernden Objekt verlesen hat, wie etwa der Verkehrswert der Immobilie oder den bestehenden Grundbucheintrag. Der Meistbietende erhält letztendlich den Zuschlag, allerdings nur, wenn der Gläubiger nicht interveniert – was zumeist passiert, wenn das höchste Gebot bei unter 70% des veranschlagten Verkehrswertes liegt. Liegt das Höchstgebot bei unter 50%, versagt das Gericht den Zuschlag und es wird ein zweiter Termin zur Zwangsversteigerung anberaumt, bei dem keine Gebotsmindestgrenzen mehr Anwendung finden.
Die Kosten
Auch eine Zwangsversteigerung ist, zusätzlich zum tatsächlich zu entrichtenden Auktionspreis, mit weiteren anfallenden Kosten verbunden. Zwar wird die oben genannte Sicherungsleistung von der Kaufsumme abgezogen, doch müssen erfolgreiche Bieter eine Gebühr in Höhe von 1% des Versteigerungsbetrages (nicht des Verkehrswertes) an das Gericht bezahlen. Hinzu kommen Zinsen in Höhe von 4% für den Zeitraum zwischen der Versteigerung und dem tatsächlichen Verteilungstermin – dieser Zeitraum beträgt in aller Regel sechs bis acht Wochen. Ganz regulär wie bei jedem Grunderwerb zu bezahlen sind die Grunderwerbssteuer und die Eintragung im Grundbuch.
So wird die Ersteigerung nicht zur Kostenfalle
Als potentieller Käufer ist das A und O: erst genau rechnen, und dann bieten. Alle definitiv zu erwartenden und möglichen Kosten müssen einkalkuliert werden – kein Sinn macht der Hauskauf per Zwangsversteigerung dann, wenn das Budget bereits mit einem erfolgreichen Höchstgebot ausgeschöpft ist. Unabhängig davon ist es elementar, dass sich Bieter ein Höchstlimit setzen, das sie nicht übersteigen.
Der Grundbuchauszug kann und sollte vor dem Gebotsverfahren beim zuständigen Amtsgericht eingesehen werden; nur so können sich Bieter über eventuell bestehende Belastungen und Sondernutzungsrechte informieren. Ebenso vonnöten ist Einsicht in das Wertgutachten, um Informationen über Bauzustand, Lage, Anschlüsse und Verkehrswert des Objekts zu erhalten.
Nicht immer machbar bzw. oft sogar unerwünscht ist eine Besichtigung der Immobilie im Vorfeld. Im besten Fall jedoch ist eine Innenbesichtigung mit einem Baufachmann möglich – um diese zu arrangieren, kann es sich ggf. lohnen, zum Gläubiger Kontakt aufzunehmen.
Fazit: Ja, es ist möglich, per Zwangsversteigerung günstig zum absoluten Schnäppchenhaus zu gelangen. Nicht vergessen dürfen Interessenten, dass eine Zwangsversteigerung immer Risikofaktoren birgt – ins Besondere dann, wenn vorab keine Besichtigung möglich ist. Mit einer sorgfältigen und vor allem realistischen Kalkulation jedoch können auch nicht vorhersehbare notwendige Investitionen in die ersteigerte Immobilie abgefangen werden.