Lohnt sich eine Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt?

Die Reiserücktrittversicherung gehört in der Meinung vieler oft zu den Versicherungen, die für die gebotene Leistung der Absicherung gegen die Stornokosten viel zu teuer sind - denn die Kosten für eine gute Reiserücktrittsversicherung können gut und gern 5 % des Reisepreises ausmachen, was vor allem bei teuren Reisen sehr schnell als unnötige Ausgabe empfunden wird.

Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt

Um die Reiserücktrittsversicherung günstiger und damit für Kunden attraktiver zu gestalten, werben viele Anbieter von Reiserücktrittsversicherungen mit vergleichsweise günstigen Tarifen, welche nur bis zu 2 % des eigentlichen Reisepreises ausmachen, was bei Reisekosten von 1.000 Euro bereits einen Preisvorteil von 30 Euro (gegenüber 5 %) pro Person darstellt. Jedoch haben diese günstigen Reiserücktrittversicherungen einen Haken: Es handelt sich dabei in der Regel um eine Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt.

Durch die Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt wird das Prinzip der Minimierung des möglichen finanziellen Schadens jedoch teilweise ad Adsurbum geführt, denn durch die Wahl eines hohen Selbstbehalts, der die Kosten für die Reiserücktrittversicherung senkt, kann sich diese selbst dadurch überflüssig machen, vor allem bei günstigen Reisen.

Wann sich der Selbstbehalt nicht lohnt

Ein klassisches Beispiel wären günstige Pauschalreisen in beliebte Urlaubsgebiete im Bereich von 400 - 700 Euro pro Person und weniger. Eine Reiserücktrittsversicherung ohne Selbstbehalt zu 5 % des Reisepreises würde hier mit 20 - 35 Euro pro Person zu Buche schlagen, eine Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt theoretisch zwischen 8 bis 14 Euro - theoretisch, da die meisten Angebote am Markt eine Mindestversicherungsbeitrag von 15 Euro verlangen aufgrund der entstehenden Unkosten wie etwa Verwaltungskosten und Provisionskosten beim Abschluss der Versicherung.

Bei einer Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbeteiligung wird häufig bei diesen günstigen Reisen (ca. 400 Euro) eine Selbstbehalt mit einer Summe von 50 Euro, ansonsten 150 - 300 Euro gefordert - ein höherer Selbstbehalt schlägt sich meist in niedrigeren Abschlusssummen nieder.

Die Tücke mit dem Selbstbehalt
Jedoch liegen bei günstigen Pauschalreisen in beliebte Urlaubsgebiete die Stornokosten bei einer frühzeitigen, unfreiwilligen (!) Stornierung selten über 20 % - selbst bei einer späten Stornierung werden aufgrund der günstigen Vermittelbarkeit kaum mehr als 30 - 40 % verlangt oder es werden überhaupt keine Stornogebühren fällig, falls der Reisende den Reisepreis dem Anbieter stattdessen als Guthaben (falls angeboten) zur späteren Verwendung überlässt.

Für die Reiserücktrittsversicherung heißt das, dass beispielsweise bei einer Reise mit einem Reisekostenpreis von 400 - 700 Euro bei einer frühzeitigen Stornierung nur 80 - 140 Euro oder bei einer späten Stornierung nur 160 - 280 Euro an Stornokosten entstehen würden. Bei einem Selbstbehalt von 150 Euro müsste so die Versicherung bei einer frühen Stornierung überhaupt nicht zahlen, da der Selbstbehalt nicht überschritten wurde - das gleiche gilt bei einer späten Stornierung bei einem Selbstbehalt von 300 Euro.

Wann sich der Selbstbehalt lohnt

Trotz der oben geschilderten Nachteile und der allgemeinen Meinung, dass eine Reiserücktrittsversicherung nur kostet, aber nichts bringt, kann sich der Abschluss trotzdem empfehlen - und zwar dann, wenn die Reise an sich
- sehr teuer oder sehr exklusiv ist oder
- es sich um eine Spezialreise / Schiffsreise handelt.

Zum einen relativiert sich die Selbstbeteiligung bei sehr teuren Reisen sehr schnell - während eine Reiserücktrittsversicherung mit einem Selbstbehalt von 150 - 300 Euro bei einer günstigen Reise angesichts des Verhältnisses Stornokosten - tatsächliche Deckungssumme sehr schlecht ist, verhält sich das bei teuren Reisen natürlich anders.

Bei einer Reise mit einem Preis von 2.000 - 2.500 Euro können die Kosten für die Stornierung zwischen 400 - 600 Euro (frühe Stornierung) bis zu 600 - 800 Euro (Späte Stornierung) pro Person betragen. Hier wird der Restbetrag nach der Faustformel, dass die Reiserücktrittsversicherung ca 10 % der Stornokosten abzüglich Versicherungskosten und Selbstbehalt decken sollte, nahezu erreicht.

Zum anderen ist das eigentliche Problem bei teuren und häufig exklusiven Reisen, sowie Schiffsreisen jedoch, dass die Stornokosten hier deutlich über den marktüblichen 20 - 40 % liegen können - Luxusreisen können mit Stornokosten von bis zu 75 % aufwarten, Schiffsreisen gar bis zu 100 %, da der Reiseanbieter je nach Rücktrittsdatum die Reise nur mit einem erheblichen Abschlag bzw. gar nicht mehr an eine Dritte Person veräußern kann.

Der Abschluss einer Reiserücktrittsversicherung mit Selbstbehalt sollte vor allem bei dieser Art Reisen unbedingt erfolgen, um sich vor hohen Stornokosten im Falle des unfrewilligen Reiserücktritts zu schützen. Jedoch muss hier beachtet werden, dass angesichts des höheren finanziellen Risikos die meisten Anbieter von Reiserücktrittsversicherung bereits 5 % des Reisepreises mit Selbstbehalt als Basis ansetzen statt 2 % bei günstigen Pauschalreisen.

Wichtig: Viele Kunden und Reisende klagen häufig über Probleme, die sie mit ihrer Reiserücktrittsversicherung haben und hatten, da diese nicht zahlen wollte oder die Stornokosten nicht zahlte. Die Reiserücktrittsversicherung ist, weswegen wir dies mehrfach erwähnten, keine Versicherung, die allgemein gegen die Kosten der Stornierung schützt, sondern nur, wenn die Reise aus schwerwiegenden Gründen nicht zumutbar ist oder nicht angetreten werden kann, beispielsweise bei extremen Vermögensschäden (Wohnungsbrand), unzumutbaren Umständen (Tod von Mitreisenden / nahen Verwandten) oder aufgrund schwerer Krankheit mit Reiseunfähigkeit (!) - siehe ausführlich: Braucht man eine Reiserücktrittsversicherung?.