Muss man eine Nichtabnahmeentschädigung bezahlen?
Eigentlich ist es weder ein ad hoc Geschäft, noch setzt man seine Unterschrift unüberlegt unter einen Kreditvertrag – und trotzdem: es kann passieren, dass man ein Darlehen nicht mehr in Anspruch nehmen möchte, obwohl der entsprechende Vertrag bereits unterzeichnet wurde. Ist die Widerrufsfrist noch nicht abgelaufen, stellt das kein größeres Problem für den Kreditnehmer da – doch nach Ende der Widerrufsfrist hat die Bank Anspruch auf eine finanzielle Entschädigung.
Warum aus einem Kreditvertrag aussteigen?
Wenn Kreditnehmer ein Darlehen doch nicht mehr wollen, haben sie sich in aller Regel verspekuliert – beispielsweise kommt der Kaufvertrag für eine Immobilie nicht zustande, oder es handelt sich um ein Forwarddarlehen, um einen Baukredit nach der Zinsbindungsfrist weiter zu finanzieren. Ein Forwarddarlehen lohnt jedoch nur dann, wenn es in Zeiten sehr niedriger Zinsen abgeschlossen wird – diese müssen so niedrig sein, dass alle anderen anfallenden Kosten, wie Bereitstellungszinsen und Aufschläge für Zinsbindung, mit einem Plus gegengerechnet werden können.
Vertraglich ist man, sofern die gesetzliche Widerrufsfrist verstrichen ist, dazu verpflichtet, ein Darlehen abzunehmen, auch wenn man dafür vielleicht keine Verwendung mehr hat. Trotzdem ist ein Ausstieg aus dem Vertrag möglich – allerdings besteht dann seitens des Kreditgebers Anspruch auf die Nichtabnahmeentschädigung. Bei einem geplatzten Immobilienkaufvertrag bzw. wenn man einfach keine Verwendung für das Darlehen mehr hat, mag das noch hingehen – bei Spekulation auf eine günstigere Finanzierung anstelle des vereinbarten Forwarddarlehens jedoch lohnt sich die Zahlung der Nichtabnahmeentschädigung in aller Regel nicht. Kreditnehmer müssen hier ganz genau nachrechnen, ob die Höhe der Einmalzahlung, um aus dem Kreditvertrag auszusteigen, den eventuellen Zinsvorteil auffrisst oder nicht.
Wie steige ich aus dem Kreditvertrag aus ohne zahlen zu müssen?
Vorweg: es ist für Verbraucher ausgesprochen schwierig, aus einem bestehenden Kreditvertrag auszusteigen. Eine Möglichkeit ist das gesetzliche Kündigungsrecht nach 10 Jahren Laufzeit – doch auch hier gilt eine Kündigungsfrist, die bei sechs Monaten liegt. Abseits dieses Kündigungsrechts haben Kreditnehmer nur die Chance, den Darlehensvertrag vorzeitig und ohne Entschädigungszahlung zu beenden, wenn der unterzeichnete Kreditvertrag Fehler aufweist: zum Beispiel innerhalb der Widerrufsbelehrung. Ist dies der Fall, so setzt die gesetzliche Widerrufsfrist von 14 Tagen nie ein – und entsprechend kann der Kreditvertrag zu jeder Zeit widerrufen werden. Auch eine Nichtabnahmeentschädigung muss der Kreditnehmer dann nicht bezahlen.
Das Gleiche gilt, wenn formale Mängel im Vertrag zu beanstanden sind. Die Bank ist dazu verpflichtet, spezifische Angaben im Vertrag zu machen, so etwa bezüglich der Rücktritts- und Kündigungsrechte. Sollte eine der Pflichtangaben im Vertrag fehlen, ist der Vertrag nach Urteil des Landgerichts Mainz nichtig, so lange die Darlehenssumme noch nicht ausbezahlt wurde. Mit der Auszahlung jedoch wäre der Fehler im Vertragstext behoben worden. Wer keine realistische Chance sieht, aus dem Kreditvertrag ohne Schaden aussteigen zu können, kann zumindest überprüfen, ob die Höhe der Nichtabnahmeentschädigung gerechtfertigt ist.
Wie berechnet sich die Nichtabnahmeentschädigung?
Um die Höhe der Entschädigung zu berechnen, werden zwei Methoden angewandt: die Aktiv-Aktiv-Methode und die Aktiv-Passiv-Methode.
Für die Aktiv-Passiv-Methode wird die Differenz zwischen den Zinsen, die der Bank durch die Kündigung des Vertrages entgehen, und der Rendite, die die Bank erwirtschaften würde, wenn sie die Darlehenssumme in Hypothekenpfandbriefen (Az. XI ZR 27/00) , zugrunde gelegt. Es handelt sich hierbei um eine theoretische Rechnung, die Bank ist nicht dazu verpflichtet, das Geld auch tatsächlich anzulegen.
Für die Aktiv-Aktiv-Methode wird die Differenz zwischen dem Zinssatz für den nicht in Anspruch genommenen Kredit und dem Zinssatz anderer aktueller Darlehen zu Grunde gelegt. Häufig findet diese Methode keine Anwendung, die meisten Banken rechnen mit der Aktiv-Passiv-Methode.
Das Problem: die Bank ist dazu verpflichtet, die errechnete Summe um den so genannten Risikoabschlag kürzen. Darin enthalten sind Risiko- und Verwaltungskosten , wobei vor allem die Risikokosten sehr individuell und fallabhängig berechnet werden. Berücksichtigt werden müssen außerdem das gesetzliche Kündigungsrecht nach 10 Jahren und etwaige Sondertilgungen.
Die Berechnung des Abschlags sollte auf jeden Fall überprüft werden – oftmals ergeben sich große Unterschiede zwischen einer eigenen Berechnung und der Berechnung der Kreditinstitute. Auch darf keine pauschale Gebühr für die Nichtabnahmeentschädigungsberechnung verlangt werden.
Fazit: Die Nichtabnahme eines Kredites, der vertraglich ohne Fehler und Mängel vereinbart wurde, ist für den Kreditnehmer so gut wie unmöglich, ohne dass die Nichtabnahmeentschädigung fällig wird. Allerdings sollte die Höhe der Entschädigung auf Rechtmäßigkeit überprüft werden. Ebenso nachrechnen sollten Kreditnehmer, inwiefern sich eine Umschuldung noch lohnt, wenn eine Nichtabnahmeentschädigung gezahlt werden muss.