Wohneigentum besitzen: Eigenheim trotz ALG II
Wer ALG II bezieht, ist grundsätzlich dazu verpflichtet, sein Vermögen und sein Einkommen dazu einzusetzen, die Hilfsbedürftigkeit abzuwenden. An diesem Punkt stellt sich die Frage: dürfen ALG II Empfänger Wohneigentum besitzen? Oder muss das Eigenheim bzw. die Eigentumswohnung veräußert werden, bevor der Staat die Hilfsbedürftigkeit anerkennt und finanzielle Unterstützung leistet?
Die Anrechnung von Wohneigentum
Ob und in welchem Umfang Wohneigentum berücksichtigt wird, hängt davon ab, ob der Hilfsbedürftige seine Immobilie selbst nutzt oder nicht: nur wer sein Haus oder seine Eigentumswohnung selbst bewohnt, hat die Chance, dass sein Wohneigentum bei der Bestimmung seiner Hilfsbedürftigkeit nicht angerechnet wird. Aber auch wenn Eigennutzung durch den Leistungsbezieher vorliegt: die Größe der Immobilie ist an zweiter Stelle, nach der Frage, ob sie eigengenutzt wird oder nicht, entscheidend. Die Größe der Wohnung oder des Eigenheims entscheidet über die Angemessenheit der Immobilie.
Wann ist Wohneigentum angemessen?
Prinzipiell legt § 12 Absatz 3 SGB II fest, dass angemessenes Wohneigentum als so genanntes Schonvermögen gilt und entsprechend nicht bei der Vermögensverwertung im Rahmen von ALG II berücksichtigt wird. Was als angemessen gilt, ist in der Rechtsprechung allgemein zwar häufig unbestimmt, wurde in diesem Fall aber näher konkretisiert. Ausschlaggebend ist dabei die Zahl der Personen, die in der Bedarfsgemeinschaft leben:
Einfamilienhäuser, die selbst genutzt werden, gelten mit der folgenden Wohnfläche und Bewohnerzahl als angemessen:
- max. 90 qm für einen Haushalt mit bis zu 2 Personen
- max. 110 qm für einen Haushalt mit 3 Personen
- max. 130 qm für einen Haushalt mit 4 Personen
Eigentumswohnungen gelten bis zur folgenden Wohnungsfläche als angemessen:
- max. 80 qm für einen Haushalt mit bis zu 2 Personen
- max. 100 qm für einen Haushalt von 3 Personen
- max. 120 qm für einen Haushalt von 4 Personen
Übrigens: ist die Bedarfsgemeinschaft größer als vier Personen, so wird für jede weitere, im Haushalt lebende Person ein Aufschlag von zusätzlich 20 qm gewährt.
Wenn die Wohnungsgröße unangemessen ist
Grundsätzlich gilt: stellt sich im Rahmen einer Bedürftigkeitsprüfung heraus, dass das Wohneigentum nicht oder nicht mehr angemessen ist, kann vom ALG II Antragsteller verlangt werden, dass der Grundbesitz bzw. das Wohneigentum wirtschaftlich verwertet wird, um die Hilfsbedürftigkeit abzuwehren. So viel in der Theorie – denn ausnahmslos gilt dieser Grundsatz nicht!
Wichtig: Die Verwertung der Immobilie, egal ob Eigenheim oder Eigentumswohnung, muss immer zumutbar und wirtschaftlich möglich sein. Besteht beispielsweise die Möglichkeit, ein Grundstück sinnvoll aufzuteilen, so wird dies vom Sozialleistungsträger auch gefordert, eine Hilfsbedürftigkeit besteht dann vorerst nicht mehr, ALG II Leistungen werden nicht bewilligt.
Ist eine Teilung nicht zumutbar und würde ein Verkauf der Immobilie die wirtschaftliche Situation des Antragstellers verschlechtern, beispielsweise weil eine vergleichbare Mietwohnung teurer wäre, gilt die Veräußerung des Eigenheims und der Eigentumswohnung als nicht zumutbar: grundsätzlich gilt Wohneigentum nach deutschem Recht als schutzbedürftig.
Die Schutzbedürftigkeit von Wohneigentum greift auch dann, wenn eine Angemessenheit im Rahmen der ALG 2 Grundsätze nicht mehr vorliegt – und, s.o., eine Veräußerung der Immobilie nicht zumutbar ist. Allerdings: der Staat kann verlangen, dass die Immobilie untervermietet bzw. teilvermietet wird, sofern eine Wohneinheit abgetrennt werden kann. Die Einnahmen aus der Untervermietung müssen zur Abwendung der Hilfsbedürftigkeit verwendet werden und werden entsprechend voll angerechnet.
Fazit: Die Frage „Darf man trotz ALG 2 ein Haus besitzen„ lässt sich gar nicht so pauschal beantworten – ausschlaggebend ist die Zahl der im Haushalt lebenden Personen und die Wohnfläche. Je "weniger angemessen" das Wohneigentum ist, desto schwerer haben es Antragsteller auch, ihr Haus oder ihre Wohnung zu behalten. Gegebenenfalls muss das Grundstück geteilt oder eine Wohneinheit abgetrennt und untervermietet werden. Lassen Sie sich im Zweifelsfall von einem Anwalt beraten – stellen Sie einen Antrag auf Beratungshilfe, damit die Kosten vom Staat übernommen werden.