Erbbaurecht: per Erbpacht zum eigenen Haus
Bauland in Deutschland ist, zumindest in Ballungszentren, teuer und rar – und steht damit oft hinderlich auf dem Weg zur eigenen Immobilie. Um die Baukosten zu drücken, gibt es das so genannte Erbbaurecht: der Bauherr errichtet sein Haus auf einem Grundstück, das ihm nicht gehört und nur gepachtet wurde. Erbpacht als vernünftiger Weg zum Eigenheim oder Konzept mit vielen Fallstricken?
Was bedeutet Erbpacht?
Eigentlich ist die Bezeichnung „Erbpacht„ nicht korrekt, jedoch umgangssprachlich weit verbreitet. Tatsächlich bezeichnet Erbpacht jedoch eine spezielle Form historischen landwirtschaftlichen Grundbesitzes, die in Deutschland seit dem Jahr 1947 gesetzlich verboten ist.
Der korrekte Begriff lautet vielmehr „Erbbaurecht„ - und bezeichnet die temporäre Überlassung eines Grundstücks zwecks Errichtung einer Immobilie. Dafür muss der Bauherr bzw. Pächter dem Grundstücksbesitzer eine Pachtgebühr bezahlen, den Erbbauzins. Dieser liegt, je nachdem, ob der Erbbaurechtsgeber die katholische bzw. evangelische Kirche, eine Gemeinde bzw. Kommune oder eine Privatperson ist, zwischen 3 und 6% des Grundstückswertes pro Jahr. Achtung: während der gesamten Vertragslaufzeit verbleibt das bebaute Grundstück im Besitz des Erbbaurechtsgebers (Verpächter), das Haus im Eigentum des Erbbaurechtsnehmers (Bauherr).
Wer bietet Erbbaurechte an?
In erster Linie finden sich Angebote für Erbbaurechte von Kirchen, Gemeinden und Stiftungen, aber auch von Privatpersonen, die ungenutzte Grundstücke durch Verpachtung zur Altersvorsorge heranziehen. Der Vorteil von Kirchen und Stiftungen: mitunter sind die Angebote relativ günstig, da sie nach sozialen Gesichtspunkten gewährt werden – der Erbbauzins (Pachthöhe) ist dann verhältnismäßig niedrig. Anders bei Kommunen bzw. Gemeinden, die unter Haushaltspflicht stehen: diese sind verpflichtet, Einnahmen dem Marktwert entsprechend zu erzielen.
Was steht im Erbbaurechtsvertrag?
Zwischen Erbbaurechtnehmer und Erbbaurechtgeber wird ein Vertrag über das Pachtverhältnis beim Notar abgeschlossen. Die folgenden Punkte müssen darin aufgeführt werden: Wann ist der Pachtzins fällig – jährlich, quartalsweise oder monatlich? Wie hoch ist der Pachtzins? Wie lange ist die Laufzeit des Pachtvertrages? Wann bzw. in welchen Intervallen werden die Zinsen angepasst – nachzulesen in der Wertsicherungsklausel. Wie gestaltet sich das Mitspracherecht des Verpächters?
Prinzipiell kann der Erbbaurechtsvertrag nicht vor Ende der vereinbarten Laufzeit gekündigt werden – es besteht allerdings ein Sonderkündigungsrecht für sehr spezielle Fälle: wenn der Pächter das Grundstück verwahrlosen lässt bzw. seine Vertragspflichten verletzt oder den Pachtzins nicht bezahlt. Achtung: auch bei Eigenbedarf des Verpächters besteht ein Sonderkündigungsrecht! Dem Erbbaurechtsnehmer steht in diesem Fall eine Entschädigungszahlung zu, diese liegt bei 2/3 des Wertes der Immobilie, die auf dem gepachteten Grundstück errichtet wurde, so lange keine anderweitigen vertraglichen Regelungen zur Höhe der Entschädigungszahlung bestehen.
Grundsätzlich orientiert sich die Höhe des Erbbauzinses am Grundstückswert und liegt in der Regel zwischen 3 und 5% - wie bereits erwähnt gewähren Kirchen und Stiftungen aber häufig einen niedrigeren Zinssatz, beispielsweise für kinderreiche Familien. Sofern im Vertrag eine Wertsicherungsklausel vermerkt ist, wird der Erbbauzins regelmäßig angepasst, üblich ist eine Anpassung alle 5 Jahre. Die Anpassung orientiert sich am Verbraucherpreisindex, der vom Statistischen Bundesamt ermittelt wird. Beim Erbbauzins handelt es sich um eine Reallast, diese wird auch als solche in das Erbbaurechtsgrundbuch eingetragen.
Was passiert am Ende der Vertragslaufzeit?
Nach dem Ende der festgelegten Vertragslaufzeit geht die Immobilie des bisherigen Pächters in das Eigentum des Grundstückbesitzers über. Die gesetzlich festgelegte Höhe der Entschädigung für den Erbbaurechtsnehmer liegt bei mindestens zwei Dritteln des Immobilienwertes, kann aber vertraglich auch höher festgelegt werden - ein Anspruch auf höhere Entschädigung besteht ohne vertragliche Regelung nicht.
Ebenso möglich ist jedoch ein Neuvertrag oder eine Vertragsverlängerung zwischen beiden Parteien, auch hier besteht kein Anspruch seitens des Erbbaurechtsnehmers. Einzig ein Vorrecht gegenüber möglichen anderen Interessenten wird ihm eingeräumt, sollte das bebaute Grundstück weiterhin in Erbpacht genutzt werden.
Möglich ist, dass die erbaute Immobilie während der Vertragslaufzeit in den Besitz eines anderen Eigentümers übergeht, also verkauft wird – allerdings nur mit Zustimmung des Erbbaurechtgebers. Dieser besitzt zusätzlich ein Vorkaufsrecht.
Erbpacht – ja oder nein?
Das Erbbaurecht hat Vor- und Nachteile. Ein Plus ist die mögliche Ersparnis, zumindest in Zeiten von hohen Bauzinsen – während in Niedrigzinsphasen ein. Durch die Einsparung der Grundstückskosten steht am Anfang der Bauphase zwar mehr Geld zur Verfügung, da der Erbbauzins jedoch im Laufe der Zeit ansteigt, steigt die monatliche Belastung für den Pächter – anders als bei einer klassischen Finanzierung, bei der die monatliche Belastung nach und nach abnimmt. Zwar kann die Immobilie auf einem gepachteten Grundstück sowohl vererbt als auch verkauft werden, die Verkaufschancen sind jedoch zumindest bei einer nur kurzen Restlaufzeit relativ gering. Übrigens: auch wenn der Pächter de facto nicht der Grundstückseigentümer ist, muss er trotzdem etwaige Erschließungskosten, Grundsteuer, Grunderwerbsteuer und sonstige (kommunale) Abgaben bezahlen.
Fazit: Das Erbbaurecht bietet vor allem sozial schwächeren Familien die Möglichkeit zum eigenen Haus. Wichtig ist eine ausreichend lange Vertragslaufzeit von mindestens 80 Jahren und die genaue vertragliche Regelung von Entschädigungshöhe, Höhe des Erbpachtzinses und Anpassung des Zinssatzes. Vorsicht: nicht jede Bank ist bereit, eine Immobilienfinanzierung für ein Haus auf einem gepachteten Grundstück zu gewähren, dies muss unbedingt vor Vertragsunterzeichnung mit dem Erbbaurechtsgeber mit der Bank geklärt werden.