Variables Darlehen zur Baufinanzierung?

Eigentlich kommt es gerade bei einer Baufinanzierung auf Planungssicherheit an – schließlich ist die Darlehenssumme in aller Regel relativ hoch und entsprechend lange dauert auch die Tilgung. Wieso also sollte man zur Immobilienfinanzierung ein variables Darlehen in Betracht ziehen? Statt Zinsbindung, die über Jahre oder sogar Jahrzehnte läuft, ein sich stetig ändernder Zinssatz – Top oder Flop bei der Baufinanzierung?

Wie funktioniert das variable Darlehen?

Variables Darlehen zur BaufinanzierungPrinzipiell ist bei einem variablen Darlehen der Zinssatz nicht festgeschrieben – wie beispielsweise bei einem Bausparvertrag über die gesamte Laufzeit hinweg. Vielmehr wird der Zins alle drei oder spätestens alle sechs Monate angepasst. Dabei orientiert man sich am Euribor Geldmarktzins – also demjenigen Zinssatz, zu dem sich die so genannten Panel-Banken (eine Gruppe von vielen europäischen Banken) untereinander Anleihen in Euro gewähren. Entsprechend ist eigentlich der Leitzins der EZB auch hier zu Grunde zu legen, da der Euribor in seiner Entwicklung auf dem Leitzinssatz der Europäischen Zentralbank fußt.

Vorteile beim variablen Darlehen

Ein bisschen Risikofreude muss der Kreditnehmer durchaus an den Tag legen, aber es kann sich lohnen: sobald der Euribor fällt, schlägt sich das in den Kreditzinsen nieder, zumindest mit einer dreimonatigen oder sechsmonatigen Verzögerung. Übrigens: schon 0,1 Prozentpunkte Unterschied im Effektivzins können bei einer Baufinanzierung mehrere tausend Euro Ersparnis bedeuten – je nach Höhe der Tilgung. Bei einer zu niedrigen Tilgung bzw. bei Eintreten des Zinseszinseffekts, kann sich dieser positive Effekt schnell aufheben – Kreditnehmer sollten also genau rechnen, um von den Vorteilen des variablen Darlehens zu profitieren.

Ein variables Darlehen birgt RisikenEin weiteres Plus: das relativ hohe Maß an Flexibilität. Denn ein variables Darlehen kann vom Kreditnehmer, wiederum mit dreimonatiger oder sechsmonatiger Frist, gekündigt werden, ohne dass eine gegebenenfalls teure Vorfälligkeitsentschädigung an die Bank gezahlt werden – denn schließlich kann aufgrund des variablen Satzes nicht wirklich berechnet werden, welche Zinseinnahmen der Bank durch die vorzeitige Rückzahlung tatsächlich entgehen. Ebenso von Vorteil: die Option, den variablen Zinssatz letztendlich doch noch festschreiben zu lassen und somit langfristige Planungssicherheit zu schaffen. Eine Festschreibung macht natürlich nur dann Sinn, wenn das Sollzinsniveau auf ein niedriges Niveau gefallen ist und ein weiteres Absinken der Zinsen eher unwahrscheinlich ist.

Nachteile beim variablen Darlehen

Ein variables Darlehen bedeutet Kosten und Risiken für den Kreditnehmer: bei steigendem Euribor bzw. Leitzins der EZB steigt die finanzielle Belastung für den Schuldner theoretisch unendlich an. Theoretisch deswegen, da auch eine Zinsobergrenze festgelegt und somit das Risiko geschmälert werden kann. Diese Zinsobergrenze, auch Zinscap genannt, greift automatisch, wenn der Zinssatz ein gewisses Niveau übersteigt. Der Nachteil: die Zinsen für die Baufinanzierung sind dann auf eben diesem hohen Niveau für den Rest der Laufzeit festgeschrieben – sinken die Zinsen am Geldmarkt wieder, zahlt der Kreditnehmer also drauf. Ein weiteres Minus: das Zinscap ist nicht kostenlos, sondern muss mit etwa 2 bis 3 Prozent der gesamten Darlehenssumme bezahlt werden.

Zinscap beim variablen DarlehenHinzu kommen mitunter weitere Kosten für den Kreditnehmer: die Bearbeitungsgebühren. Diese liegen auf den ersten Blick niedriger, als bei einem Darlehen mit durchschnittlich zehn Jahren Zinsbindungsfrist – nämlich bei 1% anstatt den üblichen 2%. Entscheidend sind jedoch die Kosten über die gesamte Laufzeit hinweg: da variable Darlehen in erster Linie zur kurzfristigen Finanzierung herangezogen werden und die durchschnittliche Laufzeit bei einem Jahr liegt, ergeben sich 1% Bearbeitungsgebühr pro Jahr bei einem variablen Darlehen und 0,2% Bearbeitungsgebühren bei einem Festzinsdarlehen mit 10 Jahren Laufzeit.

Fazit: Kreditnehmer, die sich für ein variables Darlehen entscheiden, müssen zu jedem Zinsanpassungstermin damit rechnen, dass sich der Zinssatz um etwa 0,3 oder 0,4% erhöhen kann – ein gewisser finanzieller Spielraum muss also vorhanden sein, um die höhere monatliche Belastung auch spontan tragen zu können. Sie sollten ein variables Darlehen am besten nur zur Überbrückung verwenden, da Sie es kurzfristig kündigen können – beispielsweise wenn Sie ein neues Haus kaufen und Ihr altes Haus verkaufen möchten. Das variable Darlehen kann dann mit dem Erlös aus dem Verkauf der alten Immobilie zurückgezahlt werden.