Haus kaufen ohne Eigenkapital mit einer Vollfinanzierung

Haus kaufen ohne Eigenkapital: die Vollfinanzierung

Gerade für junge Familien ist und bleibt ein Eigenheim ein großer Wunsch: Platz und Gestaltungsfreiheit, Ruhe und Sicherheit sind Dinge, die man mit einer eigenen Immobilie verbindet. Das funktioniert auch ohne Eigenkapital: man spricht dann von einer so genannten Vollfinanzierung. Doch nicht für jeden Bauherren bzw. Hauskäufer ist eine Finanzierung ohne Eigenkapital ratsam.

Gründe für die Vollfinanzierung

Selbst wenn das notwendige Eigenkapital für eine Immobilienfinanzierung vorhanden wäre, muss sich diese gegenüber einer Vollfinanzierung nicht zwangsläufig lohnen. Hinzu kommt, dass das Ersparte für womöglich auftretende finanzielle Engpässe aufgehoben werden anstatt direkt in die Immobilienfinanzierung zu fließen.

Entscheidend ist zum einen das aktuelle Zinsniveau, und zum anderen die zu erwartende Zinsentwicklung. aktuelles ZinsniveauSind steigende Zinsen zu erwarten, lohnt es sich meistens nicht, erst abzuwarten und Eigenkapital zu akkumulieren, sondern lieber direkt zuzuschlagen. Hierzu ein kleines Rechenbeispiel:

Familie Winter interessiert sich für eine Eigentumswohnung, der Kaufpreis liegt bei EUR 100.000. Es wurde kein Eigenkapital angespart und die Familie nimmt eine Vollfinanzierung in Anspruch, der Effektivzins liegt bei 2,8%. Bei einer monatlichen Tilgungsrate von EUR 550 würde die Restschuld nach zehn Jahren Zinsbindungsfrist bei EUR 56.205 liegen.

Familie Sommer interessiert sich für eine Eigentumswohnung, der Kaufpreis liegt bei EUR 100.000. Die Familie besitzt kein Eigenkapital, entscheidet sich jedoch dafür, mit dem Kauf zu warten und EUR 10.000 anzusparen. In der Zeit der Ansparung steigt das Zinsniveau, der Effektivzinssatz liegt nun bei 5%. Zwar benötigt Familie Sommer nur eine Kreditsumme von EUR 90.000, nach 10 Jahren Zinsbindung und einer ebenso hohen monatlichen Rate, wie bei Familie Winter, beträgt die Restschuld jedoch EUR 62.825.

Warum ist das so? Weil die höheren Zinsen nach und nach den Eigenkapitalanteil verschlingen.

Zinsaufschläge bei Finanzierung ohne Eigenkapital

Bei einem Kredit ohne Eigenkapital besteht für die Bank ein höheres Ausfallrisiko – dieses lassen sie sich durch Haus kaufenZinsaufschläge bezahlen. Dabei gilt: je weniger eigenes Kapital der Kreditnehmer in die Finanzierung mitbringt, desto höher fällt der Zinsaufschlag aus. Als grobe Orientierung lässt sich sagen, dass bei einer Finanzierung von über 80% des Immobilienwertes etwa 0,3% auf den Zinssatz aufgeschlagen werden.

Deutlich höher ist der Risikoaufschlag bei einer Finanzierung über 100%, also über den Kaufpreis des Hauses hinaus. Diese Praxis ist schnell begründet: derjenige Teil der Finanzierung, der über den 100% des Immobilienwertes liegt, wäre durch einen Verkauf der Immobilie nicht gedeckt; es handelt sich also so zu sagen um eine Risikoprämie, die die Bank verlangt. Ein Teil der Kreditforderung kann dann im Falle einer Zwangsversteigerung als Folge des Scheiterns der Finanzierung abgeschrieben sind, da der Erlös bei einer Versteigerung der Immobilie höher ist, als die Restschulden.

Voraussetzungen für die Vollfinanzierung

Bei weitem nicht jede Bank macht bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital mit – oftmals müssen Interessenten von Banken, die besonders günstige Standardkonditionen anbieten, Abstand nehmen. Es empfiehlt sich, mehr oder weniger schuldenfrei auf die Suche nach einer Vollfinanzierung zu gehen – was jedoch nicht bedeutet, dass beispielsweise ein noch laufender kleinerer Ratenkredit, wie etwa für ein Auto, ein Hindernis für ein Darlehen ohne Eigenkapital sein muss. Vollfinanzierung berechnenLetztendlich wird die Bank zwangsläufig eine Schufa Auskunft einholen, bevor sie die Baufinanzierung gewährt, womit eine Beschönigung der finanziellen Verhältnisse des Kreditnehmers bei der Kreditanfrage sowieso dahin ist. Grob lässt sich sagen, dass die gesamte finanzielle Belastung, also durch die Immobilienfinanzierung und durch noch etwaig laufende Kredite, einen Wert von 40% des Nettoeinkommens pro Monat nicht übersteigen sollte.

Empfehlenswert: hohe Tilgung

Für Kreditnehmer ohne Eigenkapital ist es wichtig, das fehlende Kapital bei der Erstfinanzierung möglichst schnell zu bilden. Dies wird möglich, indem der Tilgungsanteil überdurchschnittlich hoch ist – der Tilgungssatz sollte bei mindestens 3% liegen. Der Vorteil: im Ruhestandsalter fallen die monatlichen Raten dann niedriger aus. Bei einer relativ hohen Anfangstilgung nähert sich das Eigenkapitalniveau der Vollfinanzierung dem Eigenkapitalniveau eines Darlehens an, das nicht vollfinanziert wurde.

Achtung: die monatliche Belastung ist für Kreditnehmer bei einer Finanzierung ohne Eigenkapital deutlich höher als bei einer klassischen Finanzierung mit Eigenkapital, was aus der höheren Anfangstilgung und dem höheren Zinssatz hervorgeht.

Fazit: wichtig ist die möglichst langfristige Festschreibung der niedrigen Zinsen, denn ansonsten ist der Vorteil des frühen Immobilienerwerbs aufgrund eines niedrigen Sollzinsniveaus schnell dahin. Kreditnehmer müssen über ein gesichertes und ausreichend hohes Nettoeinkommen verfügen, um die monatliche finanzielle Belastung stemmen zu können. Die Suche nach einer Finanzierung ohne Eigenkapital ist nicht immer einfach – ein wenig Geduld ist gefragt, um die richtige Bank mittels Vergleich und Ausschluss zu finden.